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Bewegte Zeiten

Bewegte Zeiten

Geschichten zum Rebstock

Weinstube: Der «Rebstock» steht nicht zufällig direkt am Fusse der Hofkirche. Im Mittelalter, als das Gebiet um den Hof Sitz eines stattlichen Klosters war, befand sich an der Stelle des heutigen «Rebstock» ein kleines Haus. Hier wohnte der Rebmann des Klosters. 1443 errichteten die Rebleute hier ihr Zunftlokal. Und 1560 wurde er zur Trinkstube der Chorherren; wobei genau vorgeschrieben und abgemessen wurde, wann und wieviel sie trinken durften.

Bewegte Zeiten durchlebte der «Rebstock» in den Sonderbundskriegen. Im November 1847 nächtigten im «Rebstock» gleich beide Kriegsparteien. Die «Eidgenössischen» in den Zimmern und - weil es nirgends mehr in Luzern ein Quartier gab - die Soldaten eines Unterwalliser Bataillons auf Seiten der «Sonderbündler» in den Hausgängen. Alljährlich, bis ins Jahr 1848 quartierten sich die Soldaten-Anwerber des Königs beider Sizilien und des Papstes im «Rebstock» ein. Mit vielen Versprechungen und freigiebig spendiertem Wein wurde aus manchem Dorfburschen plötzlich ein Gardist.

Gäste, die heute in den «Rebstock» kommen, geniessen es. Einer, der es hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts, genauer Ende August 1911, weniger schätzte, war Franz Kafka. Der Schriftsteller von «Der Prozess» urteilte in seinem Tagebuch: «...lachendes Mädchen führt immerfort weiter hinauf ins Zimmer, ernstes, rotwangiges Stubenmädchen. Kleines Treppenhaus. Versperrter eingemauerter Kasten im Zimmer. Froh, aus dem Zimmer heraus zu sein. Hätte gerne Obst genachtmahlt...» - Niemand mehr soll heute ohne Obst aus dem «Rebstock» gehen müssen. Daher der immer gut gefüllte Korb mit frischen Äpfeln...

Der «Rebstock» wird immer wieder in den Medien erwähnt. Oft auch wegen der individuellen Zimmer. Und häufig wegen des Kunstsinns, der hier deutlich spürbar ist. «Ein vorbildliches Beispiel der Raumgestaltung. Der reiche Wandschmuck - meist Unikate und Originalgrafik - ist auf die Einrichtung abgestimmt und optimal gehängt.» (Zitat «Hotel-Revue»). Seit über 20 Jahren hat der «Rebstock» in den Restaurant-Räumen regelmässig regionale und renommierte Schweizer Künstler gezeigt. Darunter Namen wie Dieter Roth oder Ernst Buchwalder. Es vergehen keine zwei Monate, ohne dass nicht an den Wänden im «Wirtshuus» und in der «Hofstube» andere Bilder hängen.


Kunst im Haus

Im «Rebstock» begegnet man Künstlern nicht nur indirekt über ihre Werke. Viele einheimische und durchreisende Künstler lieben den «Rebstock» und treffen sich hier. Musiker, Kabarettisten, Sänger, Literaten, Medienschaffende und Freunde, die sich gerne angeregt unterhalten. Manchmal ergibt sich eine Vernissage, meistens hängen aber - still und unprätentiös - immer wieder Bilder eines neuen Künstlers an den Wänden. Der «Rebstock» will keine Galerie sein. Aber so nah und sinnlich wie hier kann man nur an wenigen Orten Kunst begegnen.

Zum Beispiel Ursula Stalder: Sie kann immer wieder einmal im «Rebstock» als Gast oder als ausstellende Künstlerin entdeckt werden. Ursula Stalder ist seit 1979 freischaffende Künstlerin und begann 1992 mit ihrem Projekt "Sammeln an den Rändern Europas". Ausstellungen in Luzern, Zürich, Rotterdam, Cairo, Berlin.

Wer Luzern kennt, hat auch von der Luzerner Fasnacht schon gehört. Und wer die Luzerner Fasnacht kennt, ist dann sicher auch im «Rebstock» gewesen. Doch dann - in diesen verrückten Februartagen - gibt es keinen richtigen «Rebstock» mehr. Dann heisst er zum Beispiel «Schloss Find'sOhr» oder er wird zum «New Orleans Jazzkeller», zum «Sidi Bousaids Heiratsmarkt», zu einem abgetakelten Bahnhof oder auch zu einer chaotischen Baustelle. Wie auch immer: es brodelt und schränzt im «Rebstock»... Die Luzerner Fasnacht ist «rüüdig». Vom «Schmutzigen Donnerstag» bis zum «Aschermittwoch» geht es fast rund um die Uhr ausgelassen, schräg, unbändig und vor allem recht laut zu.

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